Englische Kirche Zermatt - seit 1870

Am 26. Juni 2010 feierte die anglikanische Kirche St. Peter ihr 140-jähriges Bestehen. Für Zermatt ist sie mehr als eine Kirche: Sie ist Bestandteil der Zermatter Geschichte und der Tradition von Alpinismus, Gastlichkeit und Weltoffenheit.

Sie ist wahrlich ein Produkt ihrer Zeit: Im „Goldenen Zeitalter des Alpinismus“ und der Pionierzeit des Zermatter Tourismus stellten die Engländer den weitaus grössten Teil der Besucher dar. So verwundert es nicht, dass in der Viktorianischen Ära, in welcher Religiosität von grosser Bedeutung war, der Wunsch der Engländer nach einer anglikanischen Kirche entstand. Diesen Wunsch konnten die Zermatter, für welche Religion und Kirche ein wesentlicher Bestandteil der Gemeinschaft war, sehr gut verstehen.

So wurden bereits seit 1862 im Hotel Monte Rosa und im Hotel Mont Cervin protestantische Sonntagsgottesdienste für englisch-sprachige Gäste gehalten. Erste Pläne für den Bau einer Englischen Kirche entstanden im Mai 1865 und gleichzeitig wurde eine Spendenliste ausgelegt. Die beiden Hoteliers Alexander Seiler und Joseph Clemenz trugen sich als Erste auf die Liste ein, obschon beide katholisch waren, entsprach es ihrer ökumenischen und weltoffenen Haltung. Das tragische Ende der Erstbesteigung des Matterhorns konnte die Initiative zur Errichtung eines eigenen Gotteshauses nicht beeinträchtigen, sondern verstärkte diese umso mehr: Der Marquis von Queensberry, das Oberhaupt der Familie von Lord Douglas und die Verwandten von Douglas Hadow spendeten sogleich grosse Summen. Schon fünf Jahre nach Beginn der Spendenliste, am 29.06.1869, konnte der Grundstein für die Englische Kirche gelegt werden. Ein Jahr danach, am 29.06.1870, fand der erste Gottesdienst statt. Am 6. 08.1871 wurde sie durch Bischof Edward Parry aus Dover geweiht. Bei dieser grossen Einweihung nahmen gleichwohl Gäste und Einheimische teil.

Die Baukosten betrugen 1‘575 englische Pfund. Der Betrag mag heute niedrig erscheinen, für die damalige Zeit war dies jedoch eine beachtliche Summe, welche zudem durch freiwillige Spenden aufgebracht werden musste. Seither wurde die Kirche mehrmals renoviert. So finanzierte 1925 der Alpine Club of Great Britain, in Erinnerung an seine verstorbenen Mitglieder, eine Erneuerung des Daches. Eine weitere Renovierung der Kirche wurde zwischen 1997 und 2000 realisiert.
Im Inneren dieser historischen Kirche sind zahlreiche Gedenktafeln für Bergsteiger vorzufinden, die besonders eng mit Zermatt und seinen Bergen verbunden waren. Unter dem Hochaltar sind die Gebeine von Reverend Charles Hudson, der bei der Erstbesteigung des Matterhorns abstürzte, beigesetzt. Die Kirche besitzt ausserdem seine Bibel und das Gebetsbuch, welches er als Militärpfarrer im Krimkrieg benutzt hatte.

Die seelsorgerische Betreuung der protestantischen Gäste Zermatts wird durch die Intercontinental Church Society gewährleistet. Die aus England stammenden Geistlichen wechseln alle zwei Wochen haben auch heute noch eine wichtige Aufgabe. Sie halten nicht nur Gottesdienste ab und sind bei Anlässen wie Hochzeiten und Taufen tätig, sie geben täglich Trost und helfen, wann immer sie gebraucht werden.